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Aus Blog-Posts ein Buch machen?

Gestern wurde im Blog-Tags Chat über einen Dienst diskutiert, der einen Blog (zu horrenden Preisen) in Buchform druckt. Heute stolpere ich über eine Blogparad von Ann-Bettina, die eigentlich schon beendet ist. Trotzdem finde ich das Thema so interessant, dass ich meinen Post nachschiebe - vielleicht wird er trotzdem noch berücksichtigt.

bookHast du das schon mal gemacht?

Ja, habe ich tatsächlich: Bea geht ist auf Basis meiner Posts in diesem Blog entstanden und konnte nur auf dieser Basis entstehen. Beim Schreiben der Kapitel aus der Prä-Blog-Ära habe ich dann auch gemerkt, warum es nicht anders ging: Viele wichtige Details verschwinden im Laufe der Zeit einfach aus dem Gedächtnis.

Welche Erfahrungen hast du dabei gemacht?

Eigentlich sehr gute. Das Buch basiert auf den Blog-Posts, trotzdem wurde jeder einzelne Satz überarbeitet, die Texte wurden erweitert, teilweise gekürzt, wenn Erklärungen vorher im Buch schon erfolgt waren. Ein Blog-Post muss in sich schlüssig und abgeschlossen sein, wie eine Kurzgeschichte muss er dem Leser die wichtigsten Dinge erklären - bei einem Buch braucht man diese Dinge nur einmal erklären und nicht in jedem Kapitel erneut.

Was hältst du generell davon?

Ich denke, man muss sehr stark unterscheiden, ob ein Buch aus Blog-Posts entstehen oder ein Blog als Buch gedruckt werden soll.

Smallest Windows NotebookBei Bea geht war der Blog effektiv ein sehr ausführliches Notizbuch, eine gute Basis für die einzelnen Kapitel. So konnte ich das Buch effektiv in etwa drei Wochen "runterschreiben". Dann aber fing die eigentliche Arbeit an und genau diese ist es, die es meiner Meinung nach unmöglich macht, einen Blog einfach als Buch zu drucken.

Die Anforderungen an einen guten Blog-Post sind recht überschaubar: Er sollte in sich schlüssig sein, Zeitform und Stil sollten konstant bleiben und Rechtschreibung, Grammatik und Kommasetzung sollten "ok" sein.

An ein Buch werden dagegen ganz andere Anforderungen gestellt: Es muss von der ersten bis zur letzten Seite schlüssig und aus einem Guß sein. Zeitform und Stil müssen durchgehend einheitlich* sein, aber vor allem die "Grundlagen" müssen stimmen: Ein Rechtschreibfehler bringt Glück, jeder weitere ist ärgerlich und fällt erstaunlich vielen Lesern auf.

Als Bea geht "fertig" geschrieben war, habe ich noch ein knappes Jahr mit der Überarbeitung verbracht und hatte dabei Hilfe von einigen Beta-Lesern. Wenn ich mit anderen Autoren spreche, dann ist dies auch die Regel: Bei Justine vergingen mehr als 7 Jahre vom ersten 237-Entwurf bis zum ersten gedruckten Buch.

* Natürlich lassen sich diese auch als Werkzeuge einsetzen. Bei Bea geht ist der erste Teil - der Rückblick - in der Vergangenheit erzählt und der zweite Teil - die in Kapitel gegossenen Blog-Posts - in der Gegenwart. In einem Kapitel spricht Bea den Leser direkt an, obwohl er sonst nur Beobachter ist. Eines meiner Lieblingsbücher, das Montglane Spiel, springt immer wieder zwischen zwei Zeiten - und baut so zusätzliche Spannung auf. Solange es leicht erkennbar Absicht des Autors war, ist alles in Ordnung.

Glaubst du, dass dies für alle Blogs möglich ist?

buchstaben-lernenEigentlich schon. Ein Beauty-Blog kann einfach "OOTY 2014" (Outfits of the year, angelehnt an das beliebte OOTD - Outfit of the day) herausbringen, ein Foto-Blog einen Bildband, ein privater Blog eine Autobiografie, allerdings kommt es immer auf die Überarbeitung an.

Ich bin ziemlich sicher, dass niemand einfach gedruckte Blog-Posts kaufen und lesen möchte. Die Erwartungen an ein Buch sind einfach ganz andere als an einen Blog und genau deswegen müssen die Blog-Posts überarbeitet werden, damit sie buchtauglich werden.

Welche Blogbeiträge sind deiner Meinung nach dazu am besten geeignet?

Ich denke nicht, dass es so sehr auf die Blog-Art oder auf die Art der Blogposts, sondern auf denjenigen ankommt, der daraus ein Buch kreiert. Ähnlich wie in der Küche: Ein guter Koch kann aus jedem Nahrungsmittel-Warenkorb ein leckeres Essen zaubern. Entscheidender als die Grundzutaten ist eher, welche wie kombiniert, verarbeitet und weggelassen werden.

Glaubst du, dass man dadurch ein nennenswertes* Nebeneinkommen erzielen kann?

beas_buch_cover_front_kleinEin Blick zu den "klassischen" Autoren beantwortet diese Frage bereits: Selbst unter den Bestsellerautoren gibt es wenige, die aus ihren Büchern ein nennenswertes Einkommen erzielen. Natürlich gibt es JK Rowling, die mit ihrem kleinen Zauberlehrling mehr als ein Vermögen gemacht hat und jedes Buch, bei dem ein Promi-Autor einen Ghostwriter beauftragt hatte, bringt gute Umsätze, aber das sind Ausnahmen.

Abseits der sechs- oder siebenstelligen Werbebudgets ist Schreiberei vor allem Liebhaberei des Autors. Eine (neidgeplagte, weil selbst erfolglose) Autorin hat sich vor einiger Zeit über das bereits angesprochene 237 echauffiert, weil Justine die meisten Kapitel in der unbearbeiteten Rohfassung vorher auf ihrem Blog veröffentlicht hatte. Sie schrieb in einem Kommentar, dass es doch eine Frechheit wäre, Geld für ein Buch zu nehmen, das zum Großteil vorher schon auf einem Blog kostenlos veröffentlicht wurde. Auch solche Ansichten gibt es.

Ich glaube nicht, dass man als Autor ohne entsprechende Werbegelder oder viel Glück ein nennenswertes Einkommen erzielen kann. Das schließt auch gedruckte Blogs ein.

* "Nennenswertes" ist hier bestimmt auch eine Frage der persönlichen Ansicht.

Würdest du für ein eBook eines anderen Bloggers Reklame machen - auf deinem Blog oder in Social Media Kanälen?

Ich mache bereits Reklame für Bücher, wenn ich sie gut finde. Ich würde keine Werbung für einen gedruckten Blog machen, nur weil es ein gedruckter Blog ist, aber durchaus für ein Buch, wenn es mir gefällt - vollkommen egal, woraus es ursprünglich entstanden ist.

 

10 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Hallo Sebastian,
    diesen sehr informativen Beitrag zur Blogparade werde ich auf jeden Fall noch berücksichtigen:-)
    Du sprichst hier eine sehr wichtige Sache an: Ein eBook zu erstellen, ob aus Blogbeiträgen oder nicht, ist viel Arbeit. Das sieht leider nicht jeder so. Dabei kommen dann die eBooks heraus, die diese Art des Publizierens in Verruf gebracht haben. Schade! Dabei sind eBooks doch so eine gute Möglichkeit auch Themen als Buch heraus zu bringen, für die sich kein Verlag interessiert.
    Viele Grüße
    Ann-Bettina

  2. Sehr schön gesagt! Da gibt es wenig was ich hinzufügen würde außer vielleicht:
    Gut gemacht geht alles! "237" ließ sich auf meinem Blog super testen und ich wusste schneller in welche Richtung ich das Buch ausbauen musste. Mir hat es sehr geholfen, andere haben schlechtere Erfahrungen gemacht. Gerade bei "Buch-Blogs" ist die Überarbeitung der einzelnen Posts bis hin zum fertigen Buch extrem wichtig und wieder leider noch immer sehr oft zu nachlässig behandelt. Ich möchte keine Beispiele nennen, jedoch sind viele Autoren damit böse auf die Nase gefallen.

    Mit viel Fleiß geht alles und ein Blog ist super um sich an seine Leserschaft "anzuschleichen".

  3. Die evtl. Inspirationsquelle des Chats sagt "Danke" für deinen Post.
    Was ich für eine gute Idee in diesem Zusammenhang halte, sprengt aber etwas den Rahmen, ist womöglich auch schon mal passiert, aber trotzdem nenneswert: Anthologien. Viele Blogger tun sich z. B. zusammen, und jeder bringt eine Geschichte, ein Gedicht, ein Bild oder ähnliches mit ein für ein Buch. Das fördert nicht nur die Blogger-Community an sich, sondern auch womöglich eine tatsächlichen Erfolg. Lassen wir es mal 20 Blogger sein, sind das schon mal mindestens 20 Posts als Werbemittel auf deren eignen Blogs.
    Ich bleibe auf jeden Fall an den Gedanken hängen.

    • Sebastian

      Keine schlechte Idee, aber auch hier gilt: Die Überarbeitung entscheidet über die Qualität des Buches. Stimmt die nicht, ist der Inhalt irrelevant.

      • Timm der NetzBloggerhttp://www.netzblogger.net

        Dem kann ich nur zustimmen.
        Trotzdem würde ich bei einer Geschichte sehr gerne mitmachen. ;)
        LG Timm

        • Sebastian

          Oh, das sollte kein Voting gegen ein mitmachen sein.

  4. Hallo Sebastian,
    der Einfachheit halber wiederhole ich hier meine Worte zu Deinem Beitrag auf meinem Blog. ;)

    Hallo Sebastian,
    ich freue mich sehr, dass wir Dich mit meinem Beitrag und Ann-Bettina mit ihrer Blogparade zu einem eigenen Artikel inspirieren konnten. :)
    Besonders spannend finde ich Deine Erfahrungen mit im Bezug von Blog-Post und einem Buch. Du beschreibst sehr gut, dass ein Blog im Sinne eines Notizbuches anzusehen ist und dass jeder einzelne Artikel in mühsamer Kleinarbeit überarbeitet werden muss. Wenn ich an meine Blogbeiträge denke, wird es wohl eher kein Buch.
    Ich hatte mal ein anderes Projekt besessen in dem ich fast wie ein Tagebuch gleich Artikel verfasste mit dem Hintergrund, meine Erinnerungen zu speichern und eventuell als Buch zu drucken. Leider konnte ich es aus verschiedenen Gründen nicht fortführen, was ich etwas bedauere.

    Bedanken möchte ich mich bei Dir für die Vorstellung eines Blogs, bei dem Du Dir vorstellen könntest, daraus ein Buch zu machen. Ich schaue mir die Webseite mal an. :)
    Interessant finde ich Deine Erwähnung der Kosten, die bei der Bearbeitung und Veröffentlichung eines Buches auftreten.
    Es ist schon Wahnsinn, wieviele Dinge zu beachten sind und was auf einem zukommt.
    Das geht es schnell, von der Idee abzulassen. Doch das ist wohl der Punkt an dem viele scheitern. Mit anderen Worten, “einfach machen” heißt die Devise, oder?
    LG Timm

  5. Ich hab meinen Blog thematisch (Kult und Rituale/ Lifestyle / Kreatives Schreiben) geordnet und in drei Büchern veröffentlicht.
    Wer bei KDP (amazon-Kindle) selbst veröffentlicht, muss jedoch nachweisen, dass er der Urheber der Texte ist und versichern, dass die Blogbeiträge nicht gemeinfrei veröffentlicht wurden.
    Diese Bücher sind jedoch nicht so leicht an den Leser zu bringen, also sollte man nicht allzu viel erwarten.

    LG Scully

    • Sebastian

      Wusste ich gar nicht. Du kannst Deine Bücher auf Blog-Tags kostenlos bewerben, vielleicht kommt darüber noch der eine oder andere Verkauf.

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