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Italien und Holland

Eine Freundin schickte mir kürzlich einen Link zu einem Text, der mich vielleicht interessieren könnte - und sie hatte Recht. Willkommen in Holland beschreibt ein Verständnisproblem, das wir mit Bea in fast identischer Form hatten und teilweise noch haben.

Holland_statt_Italien.pngFür "Außenstehende" stellt die Geburt eines behinderten Kindes meist ein unglaublich trauriges Ereignis und einen schweren Schicksalsschlag dar. Die Eltern sind zu bemitleiden, die Kinder sowieso, sie alle leiden jede Sekunde unglaubliche Qualen, die niemand jemals nachvollziehen kann - oder wollen würde.

Diese Ansicht könnte nicht falscher sein. Die Geburt eines Kindes ist ein wunderschönes Ereignis (zumindest im Rückblick, in dem Moment könnten sich die meisten Frauen und vermutlich auch viele Männer bestimmt etwas besseres vorstellen). Sein Kind das erste Mal zu sehen, im Arm zu halten, zu streicheln - das ist ein Gefühl, dass nicht-Eltern wohl nie richtig verstehen können.

Bea war bei Ihrer Geburt vollkommen normal, aber auch später war sie unser Kind und keine wandelnde Behinderung. Genau so, wie sich Eltern "normaler" Kinder mit den Trotzphasen von Kleinkindern oder den (vermutlich) noch schlimmeren Trotzphasen der Pupertät arrangieren, genau so arrangieren sich Eltern behinderter Kinder mit der Behinderung (und zusätzlich mit den natürlich nicht ausbleibenden Trotzphasen).

Natürlich brauchen sie - je nach den individuellen "Besonderheiten" des Kindes - mehr Toleranz, Unterstützung oder Rücksicht, aber Mitleid brauchen sie bestimmt nicht. Genau das versucht Emily Perl Kingsley in Willkommen in Holland zu vermitteln: Behinderte Kinder mögen nicht "normal" sein und ihren Eltern werden viele schöne Erlebnisse "normaler" Eltern versagt bleiben, aber an ihre Stelle treten einfach andere Erfolgserlebnisse. Genau das versuche ich auch mit Bea geht zu sagen: Wir wollen kein Mitleid.

Heute waren wir bei Bea in der Wohngruppe und durften erleben, wie aus unserem wasserscheuen Mäuschen eine kleine große Wasserratte geworden ist - auch wenn sie wohl nie schwimmen lernen wird. Darüber haben wir uns genauso gefreut, wie über Zoes erste erfolgreiche Tauchversuche heute - sie schwimmt seit gestern "richtig" unter Wasser und hat heute schon ganz ohne Hilfe etwa drei Meter sicher und wiederholt überbrückt.

In einem Punkt stimme ich Emily Perl Kingsley nicht zu: Sie schreibt, dass der Schmerz, Italien nie gesehen zu haben, nie endet. Vielleicht hat sie damit Recht, aber er ist weder allgegenwärtig, noch besonders schlimm, zumindest für mich. Für uns war es auch kein spontanes "Willkommen in Holland", sondern ein schleichender Prozess: Die Strände waren schön, aber irgendwie sah es nicht nach Mittelmeer aus und die Einheimischen sprachen auch nicht das, was wir als italienisch gelernt hatten. Nach und nach blätterte das grün-weiß-rot ab und darunter kam mehr und mehr rot-weiß-blau zum Vorschein, bis der Kindergarten eines Tages sagte: "Ihr seit in Holland, nicht Italien."

Das englische Original findet sich auf our-kids.org.

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1 Kommentar. Schreib was dazu

  1. Ich verstehe es in dem Gedicht eigentlich ehr so das gemeint ist: wenn du nicht anfängst dich in Holland umzuschauen und die Schönheit zu entdecken, dann wird der Schmerz nie vergehen...
    Mir gefällt es auch sehr gut, das Gedicht und in Holland ;-)
    Viele Grüße
    Christine

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