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Mannheimer Personenschaden

Die Deutsche Bahn wird vielfach für ihre Pünktlichkeit kritisiert, neuerdings muss sie sogar für Naturkatastrophen haften. Diese "passieren einfach" und sind nicht vermeidbar. Allerdings gibt es auch durchaus vermeidbare Störfälle, für die mir das Verständnis fehlt.

20131212_074303.jpgNach der letzten Lesung saß ich im Zug von Frankfurt. Kurz nach der Abfahrt vom Bahnhof Frankfurt kam die beliebte Ansage: "Sehr geehrte Damen und Herren, auf Grund eines Personenschadens zwischen Frankfurt und Mannheim müssen wir Fernzüge überholen lassen." So kam unser ansich pünktlicher Zug schließlich mit 35 Minuten Verspätung, obwohl die ganze Fahrt nur 15 Minuten dauern sollte.

Sicherlich gibt es genug Leute mit Problemen und ich möchte mir nicht anmaßen, über die individuellen Auswirkungen und psychischen Belasungen der Betroffenen zu urteilen. Den Wunsch, seinem Leben ein Ende zu setzen, kann man wohl nur verstehen, wenn man selbst zumindest einmal in der Situation war und diese Gedanken selbst hatte.

Depressionen können sehr mächtig werden und am Ende scheint kein anderer Ausweg zu existieren. Natürlich ist es eine Krankheit, die meist sogar zumindest behandelbar ist und auch hier möchte ich nicht über die Erkrankten urteilen. Sie brauchen Hilfe und das Glück, jemanden zu haben, der sie auffängt, zurückhält und es vielleicht sogar schafft, dass sie sich Hilfe bei einem Spezialisten holen.

Aber trotz allem fehlt mir das Verständnis, dieses Ende, wenn es denn unvermeidbar erscheint, mit Hilfe eines Zuges zu vollziehen, in dem hunderte anderer Menschen sitzen, die auch ihre eigenen Sorgen und Problemchen haben. Auch wenn dem Zug durch die Kollision mit einem Menschen vielleicht keine ernsthafte Gefahr droht, wird ihr Leben doch durcheinander gebracht. Sie kommen zu spät zur Arbeit, bekommen dort vielleicht sogar Ärger, können vielleicht ihre Kinder nicht rechtzeitig von Kindergarten oder Schule abholen, verpassen ihren Anschlusszug und vielleicht sogar Flug.

Noch schlimmer sind solche Vorfälle für die Lokführer, die danach häufig selbst psychatrische Betreuung brauchen und nicht gerade selten arbeitsunfähig werden - obwohl es absolut unmöglich ist, den Zug mit einem Bremsweg von ein bis zwei Kilometern rechtzeitig zu stoppen.

Ich denke, dass jedes Leben erhaltenswert ist und jedem geholfen werden sollte. Aber wenn das aus welchen Gründen auch immer doch mal nicht klappt, sollte man zumindest nicht so massiv in die Leben anderer eingreifen.

 

2 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Ich glaube, dass sich die betreffenden Personen dessen gar nicht bewusst sind. Meine Vermutung wäre, dass sie denken: 'Ich werde überrollt. Niemand merkt es. Und für mich ich dann ganz schnell alles vorbei.' Jedenfalls denke ich, dass bei den meisten, die diese Art von Freitod wählen, nicht der Gedanke eines Fanals steht, was sie setzen wollen. Das wären eher die Selbstverbrennungen auf einem öffentlichen Platz.
    Ja, es ist tragisch, dass so viele davon betroffen werden,- die auf der einen Seite und die auf der anderen....

    • Sebastian

      Ich denke auch, dass viele nicht drüber nachdenken oder total falsche Vorstellungen haben. Am Ende liegen sie mit ein paar Gliedmaßen weniger im Krankenhaus und sterben erst später nach ziemlichen Qualen. Oder sie überleben querschnittsgelähmt und sind neben den damit verbundenen Problemen mit ihren Depressionen gefangen in einem Körper, dem sie mangels Bewegungsfähigkeit noch nicht einmal mehr etwas antun können.

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