Das "Flagship" Smartphone aus dem Haus Samsung gegen den selbst ernannten "Flagship-Killer" des chinesischen Herstellers One Plus. Die Papierform ist mir dabei ziemlich egal, was zählt ist die Praxis und wie sich die Kandidaten dabei bewähren.
Rund zwei Jahre ist es jetzt her, dass das One Plus One bei mir Einzug gehalten hat. Das entspricht in etwa der Lebenserwartung meiner letzten Handys und auch mein schönes One legt sich langsam Alterserscheinungen zu: Die Akkulaufzeit geht deutlich zurück, eigentlich stabil laufende Apps stürzen unerwartet ab oder sind nicht mehr nutzbar. Zeit zum Wechseln und so zog kürzlich ein Galaxy S6 Edge von Samsung bei mir ein. Vor dem One war Samsung mein Stammhersteller und mit einem Galaxy S kann nichts schiefgehen - oder doch?
Drei Tage ist das Galaxy S6 Edge jetzt im Einsatz und ich bin ziemlich enttäuscht. Zum ersten Mal bin ich kurz davor, ein frisch gekauftes Smartphone tatsächlich zurückzuschicken. Aber eines nach dem anderen:
Display
Mein größter Kritikpunkt: Das S6 Edge ist kleiner als das One Plus One. Nicht viel, aber doch relevant. Meine gewohnte App-Anordnung auf dem Startbildschirm ist nicht möglich, weil je eine Zeile und Spalte im Raster fehlen. Auf dem One konnte ich die als A4 PDFs kommenden Kurstexte der Uni halbwegs angenehm lesen, wenn ich sie so weit rausgezoomt habe, dass der Bildschirm voll mit Text und der Rand verschwunden war - auf dem Galaxy S6 ist die Schrift dann noch zu klein. Hier bleibt nur der "Quer"-Modus mit dauerndem Scrollen.
Das "Edge" selbst ist ein Reinfall: Ich hatte ein schickes Bedienkonzept erwartet, dass den Alltag erleichtert, aber statt dessen lässt sich zusätzlich zum Home-Bildschirm ein Slider von rechts reinziehen, auf dem ein paar Widgets umsortiert werden können. Abgesehen vom Kalender nutzen diese aber nur das rechte Drittel vom Bildschirm.
Beim Scrollen den Text "um die Ecke" fließen zu sehen ist ein ganz netter Effekt, mehr aber nicht.
Die Darstellung ist beim S6 eindeutig besser: Die Farben sind kräftiger, das Bild wirkt wie gedruckt und nicht wie ein Display.
Akkulaufzeit
Neben den Crashs von Gmail und gelegentlich auch anderer Apps ist die Akkulaufzeit der Hauptgrund für den Wechsel. Das Akkualter ist vermutlich nur ein Faktor, aber wenn es gerade Lust drauf hat, verliert das One auch mal 20% pro Stunde - bei ausgeschaltetem Bildschirm. Angefangen hat es erst dieses Jahr, aber nutzbar ist es für mich so trotzdem nicht.
Das Galaxy S6 ist brandneu, ebenso der Akku. Ein direkter Vergleich ist nicht möglich, aber der gefühlte Verbrauch ist viel zu hoch für ein neues Gerät. Beispiel gefällig? Heute früh - Feiertag - hab ich im Bett noch etwa eine halbe Stunde Benachrichtigungen von der Nacht "abgearbeitet", ein bisschen gesurft, News gelesen und ein paar Seiten Uni-Kurstext. Danach war es noch etwa eine halbe Stunde ausgeschaltet und lag rum. Das hat 8% Akku gekostet, die nächste Stunde rumliegen weitere 3%.
Letzten Samstag kam es Nachmittags mit der Post und - wie bei einem neuen Handy üblich - musste gleich eingerichtet werden. Noch vor Mitternacht bin ich ins Bett gegangen und hatte bis dahin etwa zweieinhalb Akkuladungen verbraucht. Bestimmt spielen die vielen App-Installationen auch eine Rolle.
WLAN
Das One wechselt selbstständig zwischen WLAN und mobilen Daten. Ist das WLAN außer Reichweite, wird umgeschaltet und umgekehrt. Das Galaxy S6 macht das im Prinzip zwar auch, aber nur sehr behäbig. Nach dem Besuch des nächsten Ingress-Portals war das One wieder im Heimatmodus noch bevor ich im Haus war, das S6 habe ich schließlich im Wohnzimmer von Hand ins WLAN geschubst.
Das S6 kommt zwar auch mit unserem "Problem"-WLAN zurecht, den ich beim One mittlerweile aus der Liste geworfen habe, weil die Verbindung immer mal wieder nicht so wollte wie sie sollte, aber dafür scheint die Reichweite insgesamt geringer zu sein.
GPS
Gelegentlich nutze ich das Smartphone zur Navigation, aber viel öfter läuft Ingress. Das ist auch der Grund, warum bei uns die "Standortdienste" immer auf höchster Genauigkeit mit allen verfügbaren Datenquellen stehen. Trotzdem springt das S6 und gleitet dann langsam in Richtung der richtigen Position. Das One ist in die Jahre gekommen, aber trotzdem noch wesentlich genauer.
Fingerabdrucksensor
Das S6 hat einen, das One nicht. Beim One hatte ich - teert und federt mich jetzt bitte - keine PIN oder ein Entsperrmuster, beim S6 nutze ich den Fingerabdrucksensor. Der mag nicht sehr sicher sein, aber gegenüber "gar kein Schutz" ist er wenigstens ein kleiner Fortschritt. Ein Pluspunkt für das S6.
LTE
Überhaupt erwähnenswert? Ja. Das One Plus One war ursprünglich nur für den asiatischen Markt entwickelt und unterstützt kein 800 MHz Band. Genau dieses nutzt aber O2 für sein LTE-Netz. Zwei, drei Mal hatte ich schon die drei Buchstaben in der Statusleiste, jeweils mitten in einer Großstadt, wo auf den kurzen Strecken andere Bänder zum Einsatz kommen. Auf dem Land hat das S6 hier klar einen Vorteil. Noch fehlt mir der Vergleich, aber bisher habe ich es nicht so richtig vermisst. Vielleicht bringt es einen Geschwindigkeitsvorteil bei Ingress.
Kamera
Ich habe Kinder. Ich habe Fotos. Die Kamera des One ist nicht schlecht, aber ziemlich langsam, fokussiert manchmal nicht so wie sie soll und insgesamt einfach nicht mehr State-of-the-Art, das geht besser. Das Galaxy S6 gewinnt auch diese Disziplin ganz eindeutig.
Und jetzt?
Morgen kommt das S6 mit ins Büro: Ein 14-Stunden-Tag mit rund 800km Reisestrecke. Das One darf ebenfalls mit, hat aber keine SIM-Karte mehr und das SIM-Karten-Entferner-Werkzeug lasse ich für beide Smartphones zu Hause. Danach fällt die Entscheidung: Geht das S6 zurück und die Suche von vorne los oder behalte ich es und gewöhne mich daran.
Notfalls hat Zoe - die morgen mitkommen - noch ihr Galaxy S3 dabei. Das ist zuverlässig und sie ist damit zufrieden, auch wenn ihrer Logik zufolge eine achtjährige doch eigentlich ein Galaxy S8 haben müsste...
1 Kommentar. Schreib was dazu-
Wetterschaf
5.06.2017 13:24
Antworten
bei meinem fast 4 jahre alten Huawei Ascend P1 sind mittlerweile auch die Akkualterungserscheinungen sehr stark, aber das ist auch das einzige Problem, das mit dem Alter kommt. Wenn ich's den ganzen Tag nur rumliegen habe verbraucht es 15-20%, früher hatt' ich mal 3% gemessen. Sobald ich aber Bildschirm im Dauerlauf und dabei Ingress am Laufen habe, ist nach 2-3 h der Saft zu Ende
Display: ich selbst mag die großen 5"er nicht, 4-4,5" liegen viel besser in der Hand
LTE: Ich selbst hab zwar keins, aber hab ja andere Leute damit gesehen... für Ingress macht es nur einen geringen Unterschied, ob man LTE oder ein solides HSPA hat (das H in Spanien ist sogar um einiges schneller als das deutsche :D ), aber größter Vorteil ist das Ländliche, wo man ohne 4G sich oft nur noch mit EDGE oder noch langsamer bis gar nicht bewegt.
gruß vons schaf