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Vorsicht, langer Post. Eigentlich wollte ich vorhin gerade über den ersten Schnee gestern und einen Offline-Abzock-Aufreger schreiben, als meine Tagesplanung von einem leicht unfairen Fluglehrer durcheinandergewürfelt wurde. Aber der Reihe nach...
Gestern unterwegs...
"Unser" Patenkind - genauer gesagt die Patentochter meiner Frau - hatte diese Woche Geburtstag und da eine Fahrt dorthin immer mindestens anderthalb Stunden pro Strecke braucht, haben wir den Geburtstagsbesuch auf gestern verlegt. Die Strecke besteht etwa zur Hälfte aus Autobahn, dort stört zwar die eine oder andere Baustelle aber das ist mittlerweile sowieso Standard. Schlimmer wird es auf dem zweiten Teil, der über Bundes-, Land- und schließlich Dorfstraßen führt. Ab der Autobahnabfahrt beginnt ein Schilderwald ohne Gleichen, gefühlt alle 10 Meter gilt eine andere Geschwindigkeitsbegrenzung.Die Notwendigkeit dieser vielen unterschiedlichen Limits zwischen 30 und 100 km/h erschließt sich auch dem Ortsunkundigen schnell, denn auf etwa drei Schilder kommt ein Blitzkasten, die Rotlichtblitzer an vielen Ampeln nicht mitgerechnet. <Sarkasmus an>Da in Deutschland öffentliche Fotoapparate nur an Unfallschwerpunkten aufgestellt werden dürfen, scheint die ganze Strecke ein einziger Unfallschwerpunkt zu sein.<Sarkasmus aus>
Eine etwa zwei Kilometer lange 30-km/h-Zone auf der Bundesstraße dient allerdings nicht nur der Gemeindefinanzierung, sondern hauptsächlich der Fälschung der Messergebnisse der dort aufgebauten Schadstoff-Messstation. Wie auch bei einer identischen Situation in Hannover wird versucht die Werte künstlich niedrig zu halten - in dem rund um die Station maximal 30 erlaubt wird. Damit die Manipulation erfolgreich ist, wird auch dieser Streckabschnitt selbstverständlich Radarüberwacht.
Der Rest des Tages war dann allerdings ohne Aufreger, Zoe, Bea und die zweijährige Gastgeberin haben nach kurzer Aufwärmphase fleißig miteinander und mit allen anwesenden Haustieren gespielt, gemalt, gepuzzelt und verspätete Geburtstagsgeschenke gab es natürlich auch.
Auf der Rückfahrt waren die ungeliebten Kästen am Straßenrand zwar immer noch da, wurden allerdings von der Raststätte "Harz Ost" getoppt. Ein kleiner Kaffee für zwei, ein großer für vier Euro, ein halber Liter Mineralwasser über zwei Euro und Süßigkeitenpreise, die einen bei aller Liebe zu seinen Kindern in jedem Fall vom Kauf abhalten. Wenigstens haben wir - soweit ich weiß - bei der teuren, photodokumentierten Gemeindefinanzierung nicht mitgeholfen.
Abends dann noch der Aufreger des Wochenendes: Seit Freitag Mittag tritt ein Fehler auf, aber anscheinend fühlte sich keiner der Kollegen die den Tag im Büro und nicht im Zug verbracht haben, dafür zuständig. Hey Leute, ist ja egal, kostet die Firma ja nur Geld. Anstatt mit meiner Frau den Abend zu genießen habe ich diesen dann vor dem Rechner verbracht und zusammen mit einem der anderen Kollegen aus dem Freitagszug versucht, dass Problem in den Griff zu bekommen. Ja, es ist nicht meine Aufgabe, ich bin kein "Teamleiter" und keine "Führungskraft" und brauche mich nur Wochentags damit rumschlagen, aber so bin ich nicht. Wenn ein kritisches Problem vorliegt, will ich es schnell aus der Welt schaffen damit es so wenig wie möglich (finanziellen) Schaden anrichtet. Da müssen Wochenende, Nachtruhe oder der Fernsehabend dann halt zurückstecken.
...und heute wieder
Wie bereits angekündigt, wurde mein gestriger Flugtermin wetterbedingt auf heute verschoben. Zoe meldete sich zum ersten Mal um kurz nach Sieben und ich habe die Gelegenheit natürlich genutzt, um schnell das Wetter zu prüfen: CAVOK (Clouds and Visibility OK, also keine relevanten Wolken und Sichtweite über 10km und damit vollkommen ausreichend), nur immer weiter seitlich drehender Wind. Also noch schnell eine (kleine) Mütze voll Schlaf genommen, um kurz nach 8 endgültig aufgestanden und die Flugplanung fertiggestellt: Abflug in Hannover EDDV, Platzrunden in Hildesheim EDVM und dann zurück nach Hannover, Ausweichflughafen Wunstorf ETNW.Ja, genau, ein militärischer Flugplatz der deutschen Luftwaffe als Alternate, denn auch wenn die dortigen Sicherheitskräfte garantiert nicht allzu erfreut von einem unplanmäßig landenden Kleinflugzeug sein dürften, sprechen zwei Punkte für diese Wahl: Die Strecke nach Hildesheim - normalerweise mein Standard-Alternate - hatte ich ohnehin in der Flugvorbereitung und ETNW hat eine (lange) Landebahn 03/21, also 30° und 210° (je nach Richtung). Wenn der Seitenwind in Hannover zu kräftig wird, ist die Situation durch die 60° gedrehte Landebahn in Wunstorf wesentlich besser und ich ziehe lieber den Zorn der Fliegerhorst-Wache auf mich, als in Hannover von der Bahn geweht und schwer verletzt oder getötet zu werden.
Hannover EDDV, Ausflug aus der Kontrollzone (CTR) Richtung Osten über Echo2 und dann südlich nach Lima abbiegen. Einige Platzrunden in Hildesheim EDVM und zurück auf gleichem Wege nach Hannover. Eigentlich eine Strecke die keiner expliziten Planung bedarf, denn Lima liegt direkt an der A7 und folgt man selbiger ein paar Kilometer Richtung Süden kann man Hildesheim gar nicht verfehlen, aber die vielen auf mangelhafte Planung zurückgehenden Unfälle haben mich schon zu Zeiten der Ausbildung den persönlichen Entschluss fassen lassen, nie ohne Flugplanung zu fliegen. Einzige Ausnahme ist die Platzrunde in Hannover: In Sichtweite des Flugplatzes und unter ständiger Radarkontrolle kann man sich nicht verfliegen, dort reicht ein Wetterbriefing vor dem Start vollkommen aus und selbst wenn das Wetter zwischendurch schlechter wird, dauert es maximal fünf Minuten bis zur nächsten Landung.
Wer übrigens genaue Vorgaben des Gesetzgebers zu diesem Thema erwartet, wird enttäuscht: Vorgeschrieben ist nur eine "ausreichende Flugvorbereitung". Je nach persönlicher Auffassung kann das eine stundenlange Vorbereitung oder auch einfach nur Volltanken sein, denn ob die Vorbereitung im Einzelfall ausreichend war, entscheidet ohnehin ein (meist nicht flugerfahrener) Richter, zumindest wenn man den Unfall überlebt.
Um kurz nach 9:00 dann Rücksprache mit dem Fluglehrer, um 13:30 Treffen am Flughafen, also noch genug Zeit um in aller Ruhe Frühstück zu machen und meine drei Frauen (die Flugzeuge schauen und Flughafenluft schnuppern wollten, aber beim ersten Flug seit mehr als anderthalb Jahren nicht mitkommen wollten/sollten) ausgehfertig zu machen. Vorher wollte ich noch schnell den ersten Teil dieses Posts schreiben und online stellen. Die Planung hielt ganze 10 Minuten, denn dann klingelte mein Handy: Der PPL-A Prüfling, der eigentlich vor meinem Refresherflug seine Prüfung ablegen sollte, bekam sein Flugzeug nicht! In meinen Augen ein Unding, denn jede Maschine hat ihre Eigenheiten und in meiner Flugschule und auch bei meiner Prüfung war es selbstverständlich, dass ein Prüfungsflug Vorrang hat und im Zweifelsfall ein normaler Schulungsflug auf einen anderen Flieger umgebucht wird.
Also schnell Frühstück fertig gemacht (so schnell das bei einem Sonntagsfrühstück eben geht), zwischendurch Bea gewickelt und angezogen, Wetter und NOTAMs ausgedruckt und um etwa 11:15 war ich am Karl Jatho Terminal in Hannover. Gemeinsam mit Uwe Thomas Carstensen, dem Welt- und Afrikaumflieger passierte ich den Security-Check und vor dem GAT wartete bereits seine Marie auf die Nutzung des schönen Wetters und noch im Hanger "meine" D-EXBS, die seit einem Monat wetterbedingt nicht bewegt worden war. Ich war absichtlich früher als verabredet vor Ort, um mich mit der 172er wieder etwas vertraut machen zu können.
Ich hatte es schon an anderer Stelle geschrieben: Bereits vor einem Jahr hatte ich für mich selbst festgelegt, den ersten Flug nach der unfreiwilligen Pause wieder mit Lehrer zu absolvieren und dieser traf kurze Zeit später wie verabredet ein. Es folgte die obligatorische Vorflugkontrolle und eine erste Erleichterung: Zumindest beim Außencheck habe ich noch alle Punkte im Kopf.
Nebenan auf der Nordbahn 27R kam eine DHL-Frachtmaschine zum Touch-and-Go rein, sie flog Platzrunden die allerdings bei einem derartig großen Vogel aus 15-Minuten-Trips zwischen Leipzig und Hannover bestanden. Etwa genau so lange brauche ich für eine Platzrunde in Hildesheim :-)
Die ATIS Hannover meldete Information Oscar, Landerichtung 27, Wind aus 230 Grad mit 8 Knoten, immer noch CAVOK, 4 Grad Lufttemperatur und -1 Grad Taupunkt, QHN (Luftdruck auf Meereshöhe umgerechnet) 1015 Hektopascal, also immer noch perfektes Flugwetter. Nach Abarbeitung der Checklisten sollten wir via Oscar und Mike zur 27C rollen... Oscar??? Ich hatte noch nie etwas von Oscar gehört, aber ein Blick nach draußen verschaffte Klarheit: Der ehemalige Taxiway T4 wurde einfach umbenannt. Also ab auf die Center-Runway, beschleunigen und bei 60 Knoten rotieren. Sofort als die Räder den Bodenkontakt verloren hatten drehte sich die D-EXBS nach links in den Wind. Das sind die Momente in denen man für die anstrengende und teure Ausbildung entlohnt wird: Die Welt unter sich lassen und einen kurzen Moment lang die Freiheit genießen.
Nur einen kurzen Moment, denn die Steiggeschwindigkeit von 80 Knoten will möglichst gut eingehalten werden und bereits in 700ft. Höhe stand eine Linkskurve an, die entsprechende Vorgabe hatte ich bereits mit der Startfreigabe erhalten. Es war seit Längerem der erste Tag mit fliegbarem Wetter und dementsprechend voll war der Luftraum sowohl in Hannover als auch in Hildesheim, zumindest für einen Wintertag. Trotzdem konnte ich eine typisch winterliche, wenn auch nicht weiße, Landschaft im leicht dunstigen Wintersonnenlicht genießen. Wer es nicht selbst erlebt hat, kann das vermutlich nicht verstehen.
Bis Hildesheim hatte der Wind auf 200 Grad gedreht, kam also 70° von der Seite und war immer recht stark. Die erste Landung hätte meiner Mutter einen Herzinfakt beschert, denn auch wenn eine geschätzte 30° Seitenlage in der Luft ein völlig normaler Flugzustand ist, mit einem Rad am Boden ist es kein Vergnügen. Ebenso unschön und gar nicht weich waren die folgenden zwei Landungen bevor es zurück nach Hannover ging. Von Kurs 270 wurden wir mit einer "Linkskurve auf Steuerkurs 360" von einem kreativen Lotsen - der seinerzeit mein BZF-Prüfer war - in den Quer- und schließlich Endanflug der 27C gebracht und setzten die Maschine sicher, wenn auch wieder nicht schön, auf. Der Wind kam jetzt aus 180°, also genau rechtwinklig zur Bahn, schlimmer kann es nicht kommen.
An dieser Stelle noch ein "Tschuldigung" an die Passagiere des um kurz vor 12:08 Uhr UTC (13:08 Uhr lokale Zeit) gelandeten Linienfliegers... ich konnte wirklich nichts dafür, dass Eure Maschine auf dem Taxiway auf mich warten musste, Hannover Turm hat es so befohlen. Beim Abrollen sahen wir den vorher bereits angekündigten "tiefen High Speed Überflug" der 27R. Der "High Speed" Flieger war eine alte Cessna 150 deren Höchstgeschwindigkeit in etwa bei 100 kt. (185 km/h) liegen dürfte. Normalerweise spricht man ab etwa 250 kt. (etwa 460 km/h) von High Speed, aber wir sind heute mal nicht so kleinlich ;-)
Trotz Seitenwind, Höhenabweichungen jenseits meiner selbst gestellten Limits (aber immer noch innerhalb der gesetzlichen Vorgaben für PPL-Prüfungen) war der Flug eine Befreiung, endlich wieder in der Luft!
Als nächstes stehen ein FamilienausFlug und die NFQ, die Nachtflugberechtigung, an, denn Zoe fragt schon seit zwei Wochen, wann sie endlich mitfliegen darf und da ich ohnehin meine 12 (jetzt noch 11) Stunden zur Verlängerung der Musterberechtigung brauche, kann ich diese genau so gut Nachts absolvieren. Schauen wir mal, wie das Wetter mitspielt. Das nächste Mal gibt's dann hoffentlich auch Fotos...
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