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Die 7 häufigsten Flugzeug-Irrtümer

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In nur wenigen Bereichen halten sich falsche Vorstellungen so hartnäckig wie in der Fliegerei. Hier also die Top 7 der beliebtesten Fehler:

1. Wenn der Motor ausfällt, fällt das Flugzeug runter

Ganz falsch ist das natürlich nicht, denn ohne Motor geht es irgendwann nach unten, allerdings keinesfalls sofort. Ein moderner Airbus A380 hat eine Gleitzahl von 24, er schafft im Segelflug also 24m Strecke je verlorenem Höhenmeter. Bei einer normalen Reiseflughöhe von ca. FL 330, also etwa 11km entspricht das stattlichen 264km Flugdistanz bis zur Landung. Das reicht locker um an jedem Punkt über Deutschland einen der A380-tauglichen Flughäfen wie Hamburg, Hannover, Berlin, Frankfurt, München, etc. zu erreichen.

In meiner Welt - namentlich Cessna 172 - liegt die Gleitzahl etwa bei 10, aus typischen 2000 - 5000ft. Höhe (ca. 670 - 1670m) sind damit auch noch einige Kilometer reiner Segelflug möglich. Ich habe auch schon von einem Fall gehört, in dem ein geübter Segelflieger mit einer 172er nur durch Thermik sogar Höhe gewonnen hat.

Dennoch sind echte Motorausfälle extrem selten. Ein Kleinflugzeug geht alle 50 Flugstunden zum Check in die Werft, dazu kommt eine Prüfung vor jedem Flug. Simulierte Motorausfälle, Segeln und Notlandungen nehmen einen erheblichen Teil der Ausbildung ein und gehören zur Prüfung ebenso wie zu jedem spätestens alle zwei Jahre anstehenden Checkflug mit Fluglehrer.

2. Flieg nicht so hoch...

Eine gut gemeinte Warnung (ich warte nur drauf, dass meine Mutter sie ausspricht), aber leider total falsch gedacht. Wenn etwas unvorhergesehenes passiert, ist die verbleibende Höhe direkt verantwortlich für die verbleibende Flugzeit und Segelstrecke. Über 2000ft. ist normalerweise genug Zeit für einen Versuch, den Motor neu zu starten, um so höher, um so sicherer. Bei "unkontrollierten Flugzuständen" ist die Zeit zur Wiedererlangung der Kontrolle und Übergang in eine normale Fluglage auch um so länger, je höher das Flugzeug ist.

Die tatsächliche Flughöhe wird durch Gesetze, Wind und Motor- bzw. Triebwerksleistung bestimmt.

3. ...und nicht so schnell.

230 Sachen auf der Autobahn, nur Zentimeter Abstand zu anderen Autos und viele abrupte Spurwechsel treiben jedem Beifahrer Angstperlen auf die Stirn. Im Flugzeug sieht die Sache ganz anders aus. 120 Knoten, etwa. 200 km/h, kommen einem in normaler Reiseflughöhe angenehm vor - der Bezug zur Leitplanke und dem Auto nebenan fehlt einfach.

Zusätzlich wirken physikalische Gesetze: Geschwindigkeit wird an der Tragfläche in Auftrieb umgewandelt und um so schneller sich das Flugzeug in der umgebenden Luft bewegt, um so mehr Auftrieb entsteht. Nicht umsonst hat jeder Flieger eine Mindestgeschwindigkeit und braucht diese auch um beim Start abzuheben. Eine 172er fliegt zwar noch mit 30-40 Knoten, allerdings werden diese Geschwindigkeiten nicht ohne Grund nur in ausreichenden Höhen ausprobiert (und sind absolut nicht angenehm für die Insassen), selbst bei der Landung sollten es etwa 50-60 Knoten sein.

4. Ein Pilot kann einfach einsteigen und losfliegen

Film und Fernsehen mache es uns vor - leider total falsch. Vor einem jeden Flug steht die Flugplanung, bei einem Kleinflugzeug ebenso wie bei einem Linienflug. Wetter, Lufträume und Wegstrecke wollen genau kontrolliert und beachtet werden. Fragt ein Pilot vor dem Flug nach dem Gewicht der Passagiere ist das nicht unhöflich, sondern vorgeschrieben, denn das maximale Abfluggewicht und der Schwerpunkt müssen genau berechnet werden und innerhalb der Limits liegen.

Ein Flugschüler braucht für einen Flug außer Sichtweite des Flughafens mindestens eine Stunde wenn er alles von Hand berechnet. Mittels moderner Software (die ein Schüler natürlich nicht nutzen darf) reichen auch mal 20 bis 30 Minuten, denn die Karte muss vorbereitet, Wetterdaten abgefragt und interpretiert und die NOTAMs, in denen alle Änderungen seit Erstellung der letzten Karten verbreitet werden, müssen jedes Mal geprüft werden.

Am Flugzeug geht es dann weiter, denn dieses will genau auf Flugtauglichkeit untersucht werden. Dazu gehören Treibstoffvorrat, Steuerelemente, Tragflächen, Motor, Reifen und einiges mehr. Bei einem Kleinflugzeug kann der Pilot mehr sehen und kontrollieren als bei einem Airbus, allerdings wird auch dieser vom Piloten oder Copiloten vor dem Start in Augenschein genommen - nach einer strikten Prüfliste.

Motor an und ab in die Luft - auch das ist nicht möglich, denn so einfach startet ein Flugzeugmotor gar nicht, von Turbinen gar nicht zu reden. Nach dem Anlassen steht wieder eine Reihe von Prüfungen bis es endlich in die Luft gehen kann.

5. Mach mal schnell die Tür auf

Eine sehr beliebte Filmszene: Im Reiseflug wird eine Tür geöffnet und die Hälfte der Passagiere verschwindet im Abgrund. Bei einem Linienflug lasse sich die Türen in der Luft meist gar nicht öffnen - sie werden schlichtweg vom Überdruck in der Kabine in den Rahmen gepresst. Wer schon einmal versucht hat, einen normalen Autoreifen vom Profil bis auf die Felge einzudrücken, hat eine ungefähre Vorstellung von den wirkenden Kräften.

Schießt jemand in ein Fenster oder ein Loch in eine Wand, findet natürlich ein Druckausgleich statt und auch die Sauerstoffmasken fallen vollautomatisch herunter, aber der Druckausgleich passiert ziemlich schnell und mit Maske passiert einem nichts. Eine Boeing 737 verlor bei Flug 243 der Aloah Airlinessogar etwa ein Viertel des Kabinendachs - und landete sicher. 64 der 95 Menschen an Bord wurden zwar verletzt, fast alle allerdings nur leicht, lediglich eine Flugbegleiterin schaffte es nicht. Der Pilot des Fluges BA 5390 wurde während des Steigflugs aus dem Cockpit gesaugt und hing 22 Minuten lang mit dem Oberkörper an der Außenseite des Flugzeugs - und überlebte ohne schwere Verletzungen.

Bei einer kleinen Maschine sieht die Sache anders aus, eine Cessna 150 kann sogar problem- und gefahrlos mit den Türen gesteuert werden, wenn die Ruder blockiert sind. Diese im Flug zu öffnen ist zwar nicht üblich, aber absolut ungefährlich (solange man angeschnallt ist).

6. Airliner lassen vor der Landung Treibstoff ab

Eines vorweg: Bei immer härterem Preiskampf und immer höheren Spritpreisen - glaubt tatsächlich jemand dass ein Pilot freiwillig tausende von Euro im wahrsten Sinne des Wortes in den Wind bläst oder eine Fluggesellschaft das erlauben würde?

Jedes Flugzeug hat ein maximales Abflug und ein maximales Landegewicht, wobei letzteres meist kleiner ist. Im absoluten Notfall (und nur dann) gibt es tatsächlich speziell festgelegte unbewohnte Gebiete in denen ein so genannter Fuel Dump von der Flugsicherung erlaubt werden kann. Bei Überschreiten des maximalen Landegewichts ist der Flieger auch nicht gleich dem Tode geweiht, er muss lediglich vor dem nächsten Start zu einer kompletten Inspektion in die Werft.

7. Flugzeuge stoßen in der Luft zusammen

Ganz ausgeschlossen ist das nicht, aber ich habe fast jeden deutschen Unfallbericht der letzten 10 Jahre gelesen und kann mich nur an zwei echte Luft-Crashs erinnern: Der sicherlich allen bekannte Crash über dem Bodensee und einer Kollision zweier Kleinflugzeuge. Fast alle Unfälle gehen auf menschliche Fehler zurück: Entweder wurde trotz unpassendem Wetters geflogen oder der Sprit war alle (aus unterschiedlichen Gründen). Beide Faktoren lassen sich mit einer gewissenhaften Flugvorbereitung weitgehend ausschließen.

Wer jetzt mal selbst fliegen möchte, ist hier herzlich dazu eingeladen.

 

3 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Geri

    Guten Tag. Mich würde interessieren, wie/ob Piloten ein Verkehrsflugzeug landen können, an dem das Heckruder defekt ist?
    Was könnte in Reiseflughöhe einen Triebwerkausfall verursachen? (Außer Treibstoffmangel)

    Interessiert mich schon lange :)

    Danke im Voraus
    Gruß

  2. Philipp

    Der 7 Punkt - das kommt einem selbst gar nicht so in den Sinn wenn man im Flieger sitzt. Mir fällt das gar nicht mehr auf, bin viel im Flieger unterwegs und deshalb schon ziemlich entspannt.

    Wenn das die falschen Leute vor dem Flug lesen oder hören, na dann kannst du dich aber auf einen "entspannten" Flug gefasst machen..!

    Daher noch mein Irrtum Nummer 8: Ohne Kopfhörer fliegen! ;-)

    Toller Beitrag!
    Gruß Philipp

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