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Allein unter Frauen

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Die Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts sind schon eine besondere Spezies. Sie sind süß und niedlich und genießen gewisse Sonderrechte, die sie auch voll in Anspruch nehmen. Dazu gehört die einzigartige Fähigkeit, sich binnen Sekunden vollkommen anders zu entscheiden - und das nicht nur einmal. Wenn man(n) dann auch noch zwischen zwei Perfektionistinen in dieser Disziplin gefangen ist, sind alle Zutaten für einen entspannten Samstagmorgen beisammen.

Wer diesen Post für typisch arrogante Macho-Männlichkeit hält, wird vielleicht sogar bestätigt, sollte sein endgültiges Urteil aber erst am Ende fällen.

Zoe hatte heute Übernachtungsbesuch von ihrer besten Freundin und zum ersten Mal hat es auch geklappt. Nach einem ausführlichen Abendessen und einer für diese Rahmenbedingungen vergleichsweise ruhigen Nacht, standen am nächsten Morgen zwei total ausgehungerte viereinhalbjährige vor mir. Mit letzter Kraft konnte ich mich vor einem Ende als Frühstücksbraten in Zoes Spielzeugküchenbackofen retten und sie zu unserem Samstagstandard überreden. Eigentlich haben sie von selbst Eierkuchen eingefordert, aber das klingt einfach nicht dramatisch genug.

Kaum waren wir in der Küche und alle Zutaten - Eier, Mehl, Milch, Rührbecher, Mixstab mit Schneebesen, zwei Kinder und jede Menge bunter Eierkuchenbelag - zusammen gesammelt, gingen die Probleme los. Die Samstagssonne schien durch das Küchenfenster und während die eine sich nicht daran störte, schien sie der anderen direkt durch den Hinterkopf in die Augen und blendete. Glücklicherweise war Zoe's Sonnenbrille nicht weit und löste das Problem... für etwa zehn Sekunden, denn dann waren dort eine Sonnenbrille und zwei kleine Mädchen! Ein unhaltbarer Zustand, der allerdings glücklicherweise schnell von größeren Problemen überlagert wurde.

Noch bevor das Mehl im Rührbecher war, warf meine kleine Prinzessin mir einen keinen Widerspruch duldenden Augenaufschlag zu "Papa, darf ich als erster umrühren?". Selbstverständlich kam, noch bevor ich antworten konnte, wie aus der Pistole geschossen eine identische Forderung - nur ohne Augenaufschlag und liebevollem "Papa" davor - von ihrer Freundin.

Ich bin ein brutaler und gemeiner Vater und um dieser Rolle gerecht zu werden, bedarf es keiner körperlichen Gewalt, zwei einfache Worte reichen dazu aus: "Einigt Euch." Die beiden wären keine besten Freundinnen, wenn sie dieses Problem nicht selbst in den Griff bekommen würden und letztendlich verzichtete Zoe - sogar mehr oder weniger freiwillig - auf die Führungsposition am Mixstab.

Mehl, Milch, alles kein Problem, aber dann... die Eier! "Darf ich die Eier aufschlagen" - ohne professionelle Wettkampftechnik lässt sich leider nicht mehr sagen, wer von beiden vielleicht eine Mikrosekunde schneller war. Nun, nachdem sie den Mixerstreit von selbst entschieden hatten, sorgte ich dieses Mal von Anfang an für ausgeglichene Verhältnisse und sprach Zoe das erste Ei zu. 1:1 - Ausgleich, alles in Ordnung.

Vier Eier und einige sehr ausgiebige Mixersessions später gipfelte das Problem allerdings in individuellen Belegungsproblemen und - vor allem - dem Streit um den ersten Eierkuchen. Zur Auswahl standen Mandelscheiben, Schokostreusel, bunte Zuckerherzen, silberne Dekozuckerkugeln und bunte Streusel. Zoe brachte dann noch Zimt und Zucker ins Spiel. Es ist schon erstaunlich, wie schnell ein Zoe vollkommen gegensätzliche Belagkombinationen auswählen, wieder verwerfen und neu kreieren kann, aber zwei Mädels auf einer Arbeitsplatte versetzten mich ohne Vorwarnung mitten in ein Feuerwerk aus den verschiedensten Kombinationen und "ich möchte den ersten Eierkuchen" - Rufen.

Es stand bereits 1:1, jede Entscheidung für die eine oder andere Seite hätte eine niemals wieder ausgleichbare Bevorzugung bedeutet und zumindest eine der beiden moralisch zu einer Schmoll- oder Quengeleinlage verpflichtet (oder beides zusammen). Die Flut von Belagwünschen ebbte langsam ab, als von Zoe ein "Mandeln, Perlen, Herzen, bunte Streusel" und von ihrer Freundin ein "das gleiche wie Zoe" kam. Jetzt begingen sie einen fatalen Fehler, der ihnen in ihrem Alter und mit ihrer Erfahrung eigentlich nicht mehr unterlaufen sollte: Sie ließen Papa für den Bruchteil eines Augenblicks zu Wort kommen - und die gerade geforderte Auswahl bestätigen. Von Zoe kam zwar kurz danach noch ein "Zimt und Zucker", eine Wahl, die ihre Freundin kategorisch ablehnte, aber angesehen davon akzeptierte ich keine weiteren Änderungswünsche mehr.

25.05.2013_EierkuchenWeiterhin offen war allerdings die Frage nach dem ersten Eierkuchen und da nach den geltenden Naturgesetzen absolut unmöglich ist, dass beide Eierkuchen aus unterschiedlichen Pfannen bekommen, musste auch hier eine Lösung her. Unter den strengen Blicken von zusammen neuen Jahren Erfahrung in der Elternerziehung stellte ich den ersten, wie gewünscht belegten, Eierkuchen fertig und platzierte ihn gekonnt auf dem bereitstehenden Teller - verweigerte Zoe allerdings das sofortige Nachwürzen mit Zimt und Zucker.

Jetzt, in einer Atmosphäre, die jedem High-Noon-Western Ehre gemacht hätte, stand ein Eierkuchen außer Reichweite von zwei gierigen kleinen Monsterchen. In letzter Sekunde kam mir die rettende Idee und ich pflückte beide von der Arbeitsplatte. Mit letzter Kraft gelang es mir, absolut unverfänglich zu klingen, als ich sie aufforderte, Besteck aus der Schublade zu holen. Die Begeisterung fiel durchaus unterschiedlich aus, aber sie fügten sich meiner Bitte - schließlich tobte ein gnadenloser Wettstreit um die Gunst des Pfannenhalters mit dem einzigen Ziel, den ersten Eierkuchen zu bekommen. Selbstverständlich hätte keine von beiden auch nur einen Augenblick gezögert, mich mit tödlicher Verachtung zu strafen, wenn ich mich nicht für sie entscheiden sollte.

In der Zwischenzeit brutzelte der zweite, ungewollte Eierkuchen in der Pfanne und glitt kurz darauf mit identischem Belag auf den zweiten, bereitstehenden Teller. Als die beiden Kontrahentinnen gerade dabei waren, Messer und Gabel auf dem Esstisch zu verteilen, stellte ich beide Teller zeitgleich auf den Tisch - und nahm ihnen damit jegliche Möglichkeit, aus den beiden Eierkuchenzwillingen den Erstgebratenen zu ermitteln.

Sofort war der Streit vergessen und die Vernichtung des Frühstücks stand im Vordergrund. Ich stellte Zoe noch schnell die Zimt-und-Zucker-Mischung hin und schlich wieder in die Küche, um der einzigen Frau, die in diesem Eierkuchenstreit nicht teilgenommen hatte, die gewohnte Standardkombination zu fertigen: Mandeln, Schokostreusel und Banane sind die Zutaten, mit denen ich meine, dem bunte-Zuckerdeko-Alter mittlerweile entwachsene, geliebte Ehefrau Woche für Woche beglücke - auch wenn sie mich in diesem Kampf auf Leben und Tod alleine gelassen hatte.

 

3 Kommentare. Schreib was dazu

  1. bin gerade durch reinen Zufall auf diesen Beitrag gestoßen und möchte mir erlauben das Schmunzeln welches ich beim lesen dieses Beitrags auf meinem Gesicht hatte schriftlich kund zu tun :-)


    Ich selber habe zwar in der Zwischenzeit zwei große Jungs, aber auch solche Spielchen, ich bezeichne es mal einfach so, kenne ich auch.


    Heute kann ich darüber wie gesagt schmunzeln, früher hat es mir die Haare geraubt die mir heute fehlen :-)

  2. .-)


    Das kenne ich ... und das wird noch besser, wenn sie älter werden ...


    Viel Glück. :-))

  3. Bastian

    Meine Kleine ist jetzt zwei geworden und zeigt bereits die typischen Anzeichen :) Die Flasche muss selbst ausgesucht werden, es darf nicht diese Hose sein, sondern die andere und beim Essen geht auch immer das am Besten, was auf den Tellern der anderen liegt ...


    Scheint mit dem Alter nicht besser zu werden :/

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