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Blutrausch (FSK 0-5 & 18+)

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Ditte, Erzieherin bei wir-mit-Kind, hat kürzlich über farbenfrohen Kinderschmuck schreiben lassen. Eigentlich wollte ich nur kommentieren, aber der Kommentar wäre viel zu lang geworden, also "antworte" ich einfach mit diesem Blog-Post.

Vorweg noch eine Warnung: Dieser Artikel wird nichts für schwache Gemüter, sondern wird schmerzhaft und blutüberströmt. Erwachsene sollten damit zurecht kommen, Kindergartenkinder tun es - wie ich lernen musste - auch.

Bea ist noch relativ harmlos: Ihr "Färbemittel" Natriumvalporat wirkt im Nebenjob blutverdünnend obwohl es hauptamtlich ein Anti-Epilepsie-Medikament ist. Einige andere Nebenwirkungen hat Bea nicht gezeigt - aber blaue Flecken jederzeit, überall und mit steigender Begeisterung. Jeder der sie sieht - wenn sie denn kurze Ärmel oder Hosen an hat - sieht ein ziemlich misshandeltes Kind (sollte man zumindest meinen) und auch die Kiga-Erzieher und jeder neue Klassenlehrer waren anfangs skeptisch.

Von ihrer jetzt-gerade-gewechselten Klassenlehrerin bekamen wir bereits wenige Tage nachdem sie Bea's Klasse übernommen hatte einen Anruf. Sie wusste gar nicht wie sie es uns sagen sollte und hat sich vielfach entschuldigt, denn Bea hatte sich ein paar fiese blaue Flecken eingefangen. Mit unserer Reaktion "das kennen wir schon, das ist bei ihr ganz normal" hatte sie allerdings nicht gerechnet, sich aber dann schnell an die täglich wachsende Zahl bunter Verzierungen gewöhnt, denn es verging kaum ein Tag an dem Bea nicht entweder zu Hause oder in der Schule einen neuen blauen Fleck eingefangen hat. Dabei hatte sie - so sieht es für mich zumindest aus - kein Schmerzempfinden, denn egal ob Kopf, Arm oder Bein, maximal gab es ein kurzes Schreckweinen das aber bei der nächsten Ablenkung sofort vergessen war.

Es ist schon etwas komisch von Bea in der Vergangenheit zu sprechen schreiben, dabei ist sie quietschfiedel und happy in der Wohngruppe. Ihre Sonderregelungen beim Essen hat sie vollständig verloren, denn mittlerweile "versteckt" sie sich nicht mehr hinter ihrem Arm oder fängt erst an zu essen wenn alle anderen fertig sind. Seitdem es so gut klappt wird Sie bei jedem Ansatz in diese Richtung freundlich darauf hingewiesen dass abgeräumt wird wenn alle fertig sind - und dann isst sie.

Sie isst so viel und problemlos, dass sie seit dem Umzug schon 3 kg zugenommen hat und hat - so wurde uns erzählt - sogar Ansätze von Sprache entwickelt. Die Entscheidung war schwierig und richtig, aber war sie vielleicht zu spät? Bringen die altersbedingt einsetzenden körperlichen Veränderungen einfach einen Entwicklungsschub mit sich oder haben wir jahrelang so viel falsch gemacht? Ich freue mich auf jeden Fall und schiebe es auf die anscheinend langsam einsetzende Pubertät.

Schon bei ihrem ersten anfallsbedingten Krankenhausaufenthalt kurz nach dem Kiga-Anfang wurde uns gesagt, dass ihre Anfälle in dieser Lebensphase durchaus auch von selbst verschwinden könnten, warum sollte nicht auch ein Lernschub möglich sein? Auf jeden Fall macht es die Situation wesentlich leichter, denn sie fühlt sich dort wirklich wohl und daran haben auch die anderen Kinder einen großen Anteil.

Zurück zum Blutbad, denn bei Bea war selten Blut zu sehen (abgesehen natürlich von den zahlreichen Spritzen mit denen sie im Laufe der Jahre angezapft wurde), meist eben nur besagte Flecken. Zoe geht in einen normalen Kindergarten - wenn man das als normal bezeichnen kann - und dort herrscht ein wahrer Blutrausch. Jedes kleinste Tröpfchen verbreitet sich sofort wie ein Lauffeuer und wir bekommen es nach dem Kiga haarklein erzählt.

Doch nicht nur Zoe steht auf Blut, ihr Freundinnen teilen diese Begeisterung, zumal jedes noch-so-kleine Wehwehchen sofort mit einem Pflaster behandelt werden muss, egal ob es sich um eine echte Tropfenquelle, einen blauen Fleck (von dem Zoe & Friends gefühlt weniger ansammeln als offene Wunden) oder jede unsichtbare Pseudo-Verletzung handelt.

Zoe's Hase lässt sich gerne streicheln, auch beim Fressen, aber tragen oder aus dem Käfig nehmen ist so gar sich seine Sache, da fliegen schnell die Krallen. Die Begeisterung von Zoe und ihrer Freundin, als Hasi Zoe's Mama die Unterarme verkratzt hatte und in jeder Furche ein dünner roter Schleier zu sehen war, war enorm.

Mittlerweile haben wir den Pflastereinsatz auf wirklich notwendige Verletzungen reduziert - und damit auch unseren Verbrauch.

Einen Vorteil haben die Pflaster bei Verletzungen, zumindest wenn ein anderes Kind in der Nähe ist: Die stolze Präsentation der neuen, frisch verarzteten Kriegsverletzung wirkt augenblicklich wie eine Droge und lässt alle Schmerzen und Tränen sofort verschwinden.

Hoffentlich ebbt die Begeisterung im Laufe der Zeit noch ab, sonst studiert der ganze Kiga später irgendwann Vampirismus oder sie fangen an "Blutbank" zu spielen...

 

6 Kommentare. Schreib was dazu

  1. Ach wie schön! Das Phänomen Pflaster ud Kriegsverletzung kenne ich nur zu gut! Da sind wir oft von Blut noch meilenweit entfernt. Weder gerötet noch ein blauer Fleck. aber da muss ein Pflaster rauf, Mama!!!

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  4. Vielen Dank für die ausführliche und unterhaltsame Antwort :-) Klasse - und hey, Vampirismus ist gerade total in. Ich bin mir sicher, die Welle hält noch ein wenig!

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