Es war einmal eine junge, hübsche Prinzessin. Sie lebte in einem Schloß zusammen mit anderen Prinzessinnen und Prinzen. Eines Tages, wenige Tage vor Weihnachten des Jahres 2013, fiel die Prinzessin in einen tiefen Schlaf und wachte auch tagsüber kaum wirklich auf. Sie konnte nichts Essen, kaum Trinken und dachte nicht einmal daran, mit den anderen Prinzessinnen und Prinzen zu spielen.
Ein kleines Einleitungsmärchen, aber leider kein freudiger Anlass, denn am vierten Adventswochenende ging es Bea tatsächlich so: Sie schlief nur noch und wenn sie gerade nicht in ihrem Bett lag, suchte sie sich eine andere kuschelige Ecke, um dort weiterzuschlafen.
Etwas ähnliches hatten wir schon einmal: Kurz nach ihrem Umzug hatte Bea auch einen ganzen Samstag verschlafen, damals weil sie ein falsches Medikament bekommen hatte. Dieses Mal war ebenfalls ein Medikament schuld, allerdings kein versehentlich verabreichtes.
Im November wollte ihr Neurologe einen neuen Anlauf unternehmen, Beas Anfälle zu reduzieren. Theoretisch ist das ganz einfach möglich: Ein starkes Beruhigungsmittel wie ihr Diazepam reduziert alle Gehirnaktivitäten - auch die unerwünschten, die sich in Form von Anfällen äußern. Die wahre Kunst ist es, den richtigen Mittelweg zu finden: Gerade so viel Medizin, um die Anfälle auf ein Minimum zu reduzieren und gleichzeitig so wenig, um sie nicht dauerhaft ins Land der Träume zu schicken.
Beas Medikamente werden nie einfach so verabreicht, sondern langsam "eingeschlichen". Zu Anfang eine geringe Dosis und dann wöchentliche langsame Steigerungen bis zur gewünschten Dosierung. Sofort die volle Dosis zu geben oder ein Medikament einfach so abzusetzen würde mit hoher Wahrscheinlichkeit Nebenwirkungen oder starke Anfälle hervorrufen.
Bea hatte auf die ersten Stufen noch gut reagiert, aber die letzte hatte sie flachgelegt. Wo sie schlief, war ihr egal, Hauptsache möglichst wenig bewegen. Wenn Bea von irgendetwas aus der Bahn geworfen wird, ist eine der ersten Dinge, auf die sie verzichtet, das Essen. Dieses Mal war keine Ausnahme: Nahrungsaufnahme wurde einfach deswegen irrelevant, weil man dabei nicht gleichzeitig schlafen konnte.
Der erste Gedanke ist natürlich, das neue Medikament wieder abzusetzen, aber neurologische Präperate (zumindest die von Bea) sind nichts mit dem man spielen sollte. Nur wo nimmt man am Samstag vor Weihnachten auf die Schnelle einen Kinderneurologen her, der sich mit ihr auskennt? Ihr behandelnder Arzt hat selbst Kinder und war verständlicherweise nicht im Dienst. Ein handelsüblicher Kinderarzt ohne neurologische Fachausbildung und Erfahrung wäre keine große Hilfe, zumal sich auch diese am Wochende nur schwer auftreiben lassen.
Einer ist allerdings immer da: Der Pförtner der MHH-Kinderklinik. Seine neurologische Erfahrung dürfte sich zwar auch außerhalb relevanter Dimensionen bewegen, aber immerhin weiß er in solchen Fällen Rat: Die MHH hat einen speziellen Neurologischen Notdienst, der genau in solchen Fällen erreichbar ist und letztendlich genau das bestätigte, was ich vermutet hatte: Zurück mit der letzten Erhöhung, eine Stufe vor oder zurück im Medikamentenplan kann man immer recht gefahrlos gehen und sobald er wieder im Dienst ist, soll Bea's Neurologe entscheiden, wie es weitergeht.
Genau so hat die Wohngruppe letztendlich auch gehandelt und binnen zwei Tagen wurde aus Dornröschen-Bea wieder eine normale Bea mit gesundem Appetit.
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