Leicht launisch

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Bea hat immer gerne den Tisch fürs Abendessen mit gedeckt (und es ist ihr in den ganzen Jahren und trotz aller Anfälle nur ein einziges Mal etwas heruntergefallen) und Zoe hatte das anfangs übernommen. Der Drang lies mit der Zeit zwar nach, aber trotzdem bitte ich sie öfters nochmal, den Tisch zu decken (speziell wenn ich am Kochen bin, gerade nicht vom Herd wegkomme und Mama anderweitig beschäftigt ist). In letzter Zeit würdigt sie solche Anfragen entweder gar nicht erst mit einer Antwort (was den doofen Papa allerdings auch nicht beruhigt, dann wird nur wiederholt und ggf. energischer nachgefragt) oder antwortet vorwurfsvoll mit "Ich bin doch nicht andauernd Euer Helfer!" oder "Oh Papa lass mich!!!".

Letzteres ist sehr beliebt wenn Sie etwas nicht (machen) möchte, beispielsweise so nebensächliche Dinge wie Schlafen gehen, an den Esstisch setzen, nicht die Couch mit Filzstiften verzieren, aufhören auf der Treppe oder Möbeln zu turnen... die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Ihr Wortschatz wächst immer weiter und auch die Grammatik wird besser, trotzdem redet sie manchmal ohne Punkt und Komma. Ganz stolz hat sie kürzlich zwei alte Purzelpreis-Kuscheltiere (oder Kuschelpreise?), die 1,29 und 2,49, bekommen. Beide habe ich vor Ewigkeiten von meiner Frau geschenkt bekommen (ja, wir waren damals etwas jünger und ein bisschen verrückt, jünger sind wir jetzt nicht mehr). Zoe hatte sie entdeckt, wollte sie unbedingt haben und hat sie - nach einer Ermahnung ganz doll aufzupassen - auch bekommen.

Auf dem Weg ins Bett blieb sie auf der Treppe stehen, überlegte einen kurzen Moment und erklärte dann ohne Punkt und Komma: "DaMussIchGanzDollDraufAufpassen UndWennIchSieMalVerliereUndDannMüssenWirSieSuchenBisWirSieFinden UndWennSieDannUnterDemMaltischLiegenDannHabenWirSieWieder." - Ihre Gedankengänge sind teilweise nicht nachvollziehbar aber auf jeden Fall zum Schmunzeln. Leider kommen diese Ausbrüche immer spontan und so schnell dass nicht rechtzeitig ein Handy zum Aufnehmen bereit ist.

Ganz schlimm ist es momentan beim Essen: Sie kaspert rum, erzählt, singt, turnt auf dem Stuhl umher, wenigstens das Aufstehen und rumlaufen haben wir unterbinden können, bei allem anderen reicht selbst eine Ermahnung pro 30 Sekunden nicht aus. Das dabei kaum etwas nahrhaftes in ihr verschwindet, versteht sich von selbst. Heute waren (ausnahmsweise) zwei Freundinnen zu Besuch und beim Abendessen dabei. Beide saßen brav da und haben gegessen - nur Zoe war wieder mal ständig mit anderen Dingen beschäftigt. Fleisch und Sauce wollte sie nicht, nur ein paar Blättchen Salat und einen Kartoffelkloß. Vom Salat hat sie ein bisschen gegessen, mit viel Geduld und Betteln etwa 1/3 vom Kloß.

Als alle anderen beinahe fertig waren (und die Mädels mit einer Diskussion anfingen wie groß Babys bei der Geburt sind und das obwohl sie selbst zusammengerechnet nicht auf ein Alter kommen würden in dem dieses Thema für sie relevant sein sollte), kristallisierte sich der Aufreger des Abends raus: Dessert! Mama und Papa haben die Frechheit besessen sich einig zu sein und dann noch zu sagen, dass nur wer aufgegessen hat auch Nachtisch bekommt. Oh Grauen, aber Zoe weiß sich zu helfen: "Aber Mama, wer aufgegessen hat bekommt Nachtisch und wer nicht aufgegessen hat bekommt auch Nachtisch" - leider funktioniert Diplomatie heute nicht , denn Mama und Papa waren heute ganz und gar nicht kompromissbereit.

Zu ihrem großen Leid haben wir die Linie dann durchgezogen, da half auch kein "Ich mag nicht mehr, mein Bauch ist voll" - "Aber wenn Dein Bauch voll ist, passt da auch kein Nachtisch rein" - "Doch, in den Rücken" - "Dann kannst Du auch noch Deinen Teller leer essen." Klar soll man Kinder nicht zum Essen zwingen, aber die Portion zum Anfang des Abendessens war schon weniger als in ihrem Alter normal wäre.

Zum Schluss haben alle außer Zoe etwas bekommen: Ihre Freundinnen ein Eis und Mama und Papa die Höchststrafe: Ein zorniges "Ihr seit gemein!" von Zoe. Ob wir mit diesem Urteil weiterleben können? Hmm, ich glaube schon.

Wenigstens erzielen wir an anderer Front Fortschritte: Sie räumt (meist) nur noch ein Spiel oder Spielzeug raus und bevor das nächste rausgenommen wird, wird das erste weggeräumt. Wenn sie das Aufräumen doch nicht alleine übernimmt und wir nachfragen, ist die Gegenwehr ziemlich gering.

Einen ganz großen Schritt haben wir viel einfacher geschafft als ich jemals gedacht hätte: Sie seit ihrem 4. Geburtstag Gute-Nacht-Milch-abstinent geworden. Vorher hatte sie jeden Abend eine (oder auch mal zwei oder drei) Milchflaschen mit einfacher Kuhmilch (und meist mit Wasser verdünnt) im Bett zum Einschlafen getrunken. Am Abend vor ihrem 4. Geburtstag hat Mama mit ihr besprochen (Zoe kann bei so etwas auch schon unglaublich groß und verständnisvoll sein), dass sie als "großes Mädchen" das schon 4 ist keine Milch mehr abends trinken sollte. Am Abend ihres Geburtstags war sie nach der ausführlichen Party vermutlich einfach zu müde um noch daran zu denken - und seit dem gab es keine Milchflasche zum Einschlafen mehr, freiwillig und ohne Protest, andere haben da ganz andere Probleme.

Mit dem 4. Geburtstag kam allerdings auch eine kleine emotionale Kriese: Bisher passte ihr Name perfekt zum Alter: 3 Jahre = 3 Buchstaben für "Zoe". Jetzt ist sie 4 und versteht nicht so ganz warum sie ihren Namen jetzt nicht auch mit 4 Buchstaben schreiben darf.

Manchmal ist sie schon so groß und manchmal so sehr Mädchen zickig.