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Das Buch ist fertig geschrieben - und jetzt? Die Zeiten - wenn es sie jemals gab - in denen jeder neue Autor mit offenen Armen von allen Verlagen aufgenommen wurde, sind längst vorbei. Natürlich hat die Wirtschaft auch auf dieses Problem nicht nur eine, sondern sogar mehrere Antworten entwickelt.
Klassische Verlage
Meine Erfahrungen mit "klassischen Verlagen" sind reicht einheitlich. Eigentlich müsste ich sie als fast durchgehend negativ beschreiben: Einige möchten grundsätzlich nur schriftliche Manuskriptvorschläge mit 20 Seiten Leseprobe, aber die meisten akzeptieren zumindest Emails. Wenn überhaupt Antworten kommen, dann sind drei bis sechs Monaten Wartezeit vollkommen normal und die Chance einer Ablehnung liegt bei nahezu 100 Prozent. Sollte das Buch dennoch akzeptiert werden, dauert es nicht selten noch ein bis zwei Jahre, bis es tatsächlich gedruckt wird.
Schaut man ein wenig hinter die Kulissen, erklärt sich Vieles vom Verhalten der Verlage und aus diesem Grund müsste ich sie auch nur "eigentlich" als negativ beschreiben. Mit dem Internet und Computern ist Vieles einfacher geworden, angefangen vom Schreiben. Jeden Tag entstehen hunderte, wenn nicht tausende neuer Blogs und nicht wenige schreiben pro Jahr den Umfang eines Buches in Chats, Foren und sozialen Netzwerken. Das Internet hat viele Möchtegern-Autoren hervorgebracht.
Es gibt einige, ganz wenige, Leute, die können einfach gut schreiben, dann gibt es viele Leute, die kein Talent oder nicht genug Übung haben. Trotz mittlerweile in (fast) jedem Browser und Schreibprogramm kostenlos verfügbarer Rechtschreibkorrektur gibt es in jedem Absatz mehrere Tipp- oder Schreibfehler und von richtigen Zeiten und Grammatik wollen wir gar nicht erst reden. Zwischen diesen beiden Gruppen gibt es eine sehr große Grauzone.
Problematisch wird die Situation, weil (zum Glück) nicht nur die erste Gruppe der Naturtalente tatsächlich Manuskripte schreibt, sondern auch alle anderen. Ich kann nur raten, wie viele Manuskripte täglich bei deutschen Verlagen eingehen, aber es würde mich absolut nicht wundern, wenn es tausende sind. Stellt ein Verlag die Bedingung, Manuskripte nur schriftlich per Post zu akzeptieren, dann hat das zwei Gründe: Einerseits hat er eine große Altpapiertonne, die jede Woche gefüllt werden möchte und zweitens ist es ein (verzweifelter) Versuch, ein klein wenig vorzusortieren. Eine Email ist schnell verschickt, aber diese Verlage bekommen nur Manuskripte zu sehen, bei denen der Autor zumindest so weit von seinem Werk überzeugt war, dass er es ausgedruckt und € 1,45 für die Briefmarke investiert hat. Ob das allerdings ein wünschenswertes Qualitätskriterium ist, wage ich zu bezweifeln.
Mit dem großen Volumen der eingehenden Manuskripte erklärt sich zum Teil auch die lange Antwortzeit, denn alles, was da so kommt, muss bewertet werden. Ein Verlag ist in erster Linie ein Wirtschaftsunternehmen und muss seinen Mitarbeitern jeden Monat pünktlich das Gehalt überweisen. Neben der reinen Arbeitszeit kostet jedes neue Buch einen vierstelligen Betrag und nur, wenn sich genug Exemplare verkaufen, kommt genug Geld rein, damit die Investitionskosten in das Buch und die Fixkosten wie Gehalt, Miete und Strom gedeckt sind. Ein Verlag muss die besten Manuskripte auswählen und kann es sich einfach nicht leisten, bei der Eingangsprüfung schlampig zu sein.
Als Betaleser für ein paar Leute habe ich auch schon sehr unterschiedliche Texte gesehen. Einige gehörten klar in die letzte Kategorie und ich bin bei Weitem auch nicht von allem begeistert, was meine aktuelle Lieblingsautorin produziert, aber das lässt sich schon nach ein paar Seiten sagen. In diesem Punkt habe ich nur recht wenig Verständnis für die langen Antwortzeiten: Ob ein Text für eine intensivere Prüfung in Frage kommt oder grundsätzlich zu schlecht ist, lässt sich schnell sagen - und darüber könnte man den Autor auch kurzfristig informieren.
Bea geht habe ich 22 Verlagen und einem Literaturvermittler vorgeschlagen. Etwa vier bis fünf haben es binnen einer Woche abgelehnt, weil das Buch nicht in ihr Portfolio passen würde. Ich habe zwar versucht, nur passende Verlage anzuschreiben, aber anscheinend in diesem Punkt versagt. Allerdings zählt unsere Geschichte auch (gerade so eben) als Sachbuch und viele Verlage nehmen nur Belletristik - also erfundene Geschichten - an. Der Literaturvermittler hat zwar immer geantwortet, mehr aber auch nicht.
Auf Grund meiner Ungeduld und den oben genannten langen Zeiträumen, in denen sich klassische Verlage bewegen, habe ich nicht wirklich ernsthaft versucht, dort unterzukommen. Zwei, drei Stunden online Verlage suchen und ein paar Emails (mit immer dem gleichen Text) zu schreiben, kann nicht als ernsthafte Bemühungen gelten. Ich wollte der Branche zumindest die Chance geben, doch auf mein Buch anzuspringen und alibimässig kann ich jetzt für mich selbst sagen: Ich habe es versucht, aber es hat - wie erwartet - nicht gekappt.
DKZ Verlage
Jeder Autor ist zumindest ein klein wenig exibitionistisch veranlagt: Er möchte sein Werk in den Händen halten und von anderen gelesen werden. Ich habe geschrieben, dass die Wirtschaft zwei Antworten auf das Problem der riesigen Manuskriptmenge gefunden hat und einer davon sind so genannte Druckkostenzuschussverlage. Normalerweise investiert der Autor seine Zeit in das Schreiben eines Buches und der Verlag sein Geld, um es zu drucken und zu bewerben. Am Ende verdienen beide nur, wenn sich das Buch auch verkauft.
DKZ-Verlage dagegen eleminieren das Problem, dass sich ein Buch verkaufen muss. Sie können bedenkenlos jedes Manuskript verlegen, dass ihnen angeboten wird, weil sie sich nicht aus Buchverkäufen, sondern vom Autor finanzieren lassen. Sie bieten ein Produkt an, dass in erster Linie nicht "Druck und Verkauf von Büchern", sondern vielmehr "Anerkennung und Beschäftigungstherapie für Autoren" heißt. Ein Lektor beschäftigt sich mit dem Text, der Autor kann mit jemandem über sein Buch reden und am Ende wird es sogar gedruckt.
Die die Bezeichnung dieser Verlage schön zu umschreiben versucht, trägt der Autor die Druckkosten und damit das wirtschaftliche Risiko. Der Verlag selbst hat gar kein Interesse mehr, ein Buch auch zu verkaufen: Er druckt es, schickt dem Autor ein paar Exemplare zusammen mit seiner Rechnung (von üblicherweise ein paar tausend bis über fünfzehntausend Euro) und lagert die Auflage ein. Sollte doch mal jemand auf die Idee kommen, ein solches Buch käuflich zu erwerben, bekommt der Autor seine Tantiemen und meist auch einen kleinen Betrag für die von ihm bezahlten Druckkosten.
Wenn ein Verlag bei Google nach Autoren sucht oder verspricht, jedes Manuskript anzunehmen: Finger weg! Gerade jetzt, wo ich ein wenig zum Thema recherchiere, zeigt Google mir einschlägige Anzeigen:
Ein besonders schönes Beispiel hat die Branche selbst geliefert, in dem sie Rico Beutlich reihenweise Autorenverträge angeboten haben. Damit mache ich mich keinesfalls über einen verkannten Autor lustig, denn Rico Beutlich ist eine erfundene Figur, dessen einziger Lebenszweck es war, ein mehr als schlechtes Manuskript verschiedenen Verlagen anzubieten. Alle angeschriebenen DKZ-Verlage hätten das Buch - gegen hohe Geldbeträge - angenommen, die kontaktierten klassischen Verlage bemühten sich dagegen, bei der Absage nicht allzu unfreundlich zu sein und die Klassifizierung "vollständig talentfrei" schön zu umschreiben.
Ein wirklich erschreckendes Beispiel ist die - fast schon buchreife - Geschichte der Lia A. aus München, die sich nicht nur verschuldet hat, um die Rechnung des DKZ-Verlages zu zahlen, sondern am Ende feststellen musste, dass ihr Buch voller Rechtschreibfehler gedruckt wurde.
Als Ausnahme bzw. Gegenbeispiel zählen universitätseigene Dissertationsverlage: Hier trägt zwar der Autor auch die Kosten, allerdings nur, um die Veröffentlichungsbedingungen seiner Dissertation zu erfüllen. Diese werden allerdings ausschließlich von einigen Universitäten für ihre Studenten/Doktoranden betrieben und brauchen somit weder Werbung noch falsche Versprechen zu machen.
Print on demand / Book on demand
Genau genommen müsste man diese Kategorie zu den vorherigen zählen, denn auch hier bekommt der Autor eine Rechnung, allerdings gibt es gewaltige Unterschiede. Im Gegensatz zu den vorgenannten Arten von Verlagen, versuchen sich Print-on-demand-Anbieter gar nicht erst als klassicher Verlag zu tarnen. Der Autor zahlt einen (kleinen) Betrag von normalerweise weit unter 100 Euro, damit sein Buch druckfertig aufbereitet und gespeichert wird.
Früher wurden Bücher von Hand mit Bleibuchstaben gesetzt. Wie viele Exemplare einer Seite dann gedruckt wurden, machte keinen Unterschied. Ähnlich sieht es heute beim Offsetdruck aus: Die "Vorkosten" sind gleich, egal, ob eine, 1.000 oder 100.000 Kopien gedruckt werden. Anders verhält es sich am heimischen Drucker: Hier sind keine Eimalkosten je Seite fällig und meist ist auch jede Seite anders. Dieses Prinzip gibt es auch für den professionellen Druck und wird dort Digitaldruck genannt - weil die Vorlage nicht als Druckschablone produziert wird, sondern nur als digitale Daten vorliegt. Das Buch wird nicht mehr zu hunderten gedruckt und eingelagert, sondern erst bei Bedarf - also nachdem es verkauft ist - produziert.
Im Gegensatz zu DKZ-Verlagen, die ein Lektorat versprechen, um den Schein eines echten Verlages zu wahren, beschränken sich Book-on-Demand-Anbieter auf eine reine technische Prüfung der Druckdaten. Hat die hochgeladene Datei das richtige Format und erreichen die Bilder die notwendige Auflösung für ein ausreichendes Druckbild, werden sie als Buch gedruckt. Keine inhaltlicht Prüfung, kein Lektorat, keine nicht-eingehaltenen Marketingversprechen.
"Bea geht" von Books-on-demand in Norderstedt drucken zu lassen, hat 19 Euro gekostet, für ISBN, Druckaufbereitung und Ebook-Konvertierung. Dafür ist das Buch jetzt bei allen Buchhandlungen und vielen großen Internetbuchhändlern erhältlich. Der Verlag - der in diesem Fall nicht viel mehr als eine Druckerei ist - kümmert sich um die Pflichtexemplare für die Nationalbibliothek und versorgt Journalisten kostenlos mit Rezensionsexemplaren - wenn sie denn anfragen.
"Erhältlich" trifft es allerdings auch genau, denn Werbung machen diese Anbieter nicht (oder kaum) für "ihre" Bücher. Der Autor muss sich selbst darum kümmern, sein Buch bekannt zu machen und auch selbst Buchhandlungen fragen, ob sie das Buch ins Regal stellen würden. Journalisten bekommen zwar kostenlose Exemplare, damit sie Rezensionen verfassen, aber das Buch der Presse vorstellen und die Redaktionen davon zu überzeugen, es auch tatsächlich zu bestellen und zu rezensieren, ist Sache des Autors.
Selbstverständlich gibt es bei Print-on-Demand auch jede Menge Schrott: Texte, bei denen man das Papier bemitleiden muss, auf das sie gedruckt sind. Das ist der unvermeindbare Preis, den alle Autoren zahlen, wenn ihnen der Zugang zum Buchmarkt vereinfacht wird.
Wer im Glashaus sitzt...
...soll nicht mit Schweinen werfen, mit Steinen schon gar nicht. Ich gehöre mit Sicherheit nicht zur ersten genannten Gruppe der Naturtalente, aber hoffe auch, nicht vollkommen talentfrei zu sein. Eine echte Selbstbewertung ist schwierig, aber ich glaube behaupten zu könne, dass sich mein Stil seit den ersten Blogposts durchaus verbessert hat. Ob das für ein Buch reicht? Nun, die Hürde lag - wie gesagt - bei 19 Euro und nicht in einem Talentwettbewerb. Genau genommen lagen meine Kosten - neben der Arbeitszeit - doch etwas höher, denn ich wollte zumindest weitgehend auf Rechtschreib- und Grammatikfehler verzichten und habe mir einen "echten" Lektor gegönnt. Das Ergebnis soll bitte jeder selbst bewerten, ich bin zumindest überzeugt, dass es noch weitaus schlechtere Bücher da draußen gibt.
3 Kommentare. Schreib was dazu-
drago
6.07.2013 21:11
Antworten
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Gaby Bessen
16.07.2013 13:09
Antworten
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Monika Birkner
28.09.2013 22:22
Antworten
Hallo Sebastian,
ich habe "Bea geht" in einem Zug durchgelesen, weil es mich förmlich eingesaugt hat. Und man merkt dem Buch an, dass ein (wirklicher) Lektor beteiligt war. Nach einigen anderen Erfahrungen empfand ich das als erholsam. Das Buch hat mich, wie bereits andernorts geschrieben, sehr berührt.
Schönes Wochenende
Drago
Ich habe meine mittlerweile 4 Bücher auch bei Book on Demand drucken lassen und bin bestens zufrieden.
LG Gaby
@Sebastian, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Buch! Da ich selbst Bücher geschrieben habe, weiß ich, welcher Aufwand dahinter steckt.
Ich würde mich nicht grämen, dass das Buch bei BoD erschienen ist. Auch bei Veröffentlichung in einem anderen Verlag ist es weitgehend Sache des Autors, wie das Buch vermarktet wird, wobei es natürlich von Verlag zu Verlag schon gewisse Unterschiede gibt, was zum Teil auch mit Budgets zusammenhängt.
Doch Kreativität schlägt Budgets. Und Sie scheinen ja ein kreativer Mensch zu sein:-). Viel Freude und Erfolg bei der Vermarktung!